Was der Esel im Stall gedacht haben könnte…
Der Ochse sitzt schon gemütlich am Futtertrog und kaut Gras (grüne Fruchtgummis). Nach einer Weil kommt der Esel hinzu.
Esel: N’Abend.
Ochse (schaut auf den Esel, kaut dann weiter): Hallo Esel.
Esel: (seufzt): Gut gelaunt wie immer. So ein Ochse.
Der Esel schaut auf die Futterkrippe.
Esel: Oh, frisches Heu! Wie lecker!
Durch den Mittelgang gehen Maria und Josef Richtung Bühne. Sie klopfen hier und da wortlos an unsichtbare Haustüren und schütteln dann enttäuscht jedesmal den Kopf.
Esel (währenddessen): Hey, Ochse. Guck mal da: Bettler! Was für Pechvögel! Können nix, leisten nix und suchen dann bei anderen eine Bleibe für die Nacht. Na, die werden nichts finden. Geschieht ihnen recht.
Josef: (bleibt stehen und zeigt auf die Bühne, auf Ochse und Esel): Maria, schau! Ein gemütlicher Stall!
Esel (entsetzt): Nein, nein, überhaupt nicht gemütlich. (Macht sich breit) Und überhaupt kein Platz hier! Geht weg! Weg!
Maria: Und schau mal, die beiden Tiere! Die sehen nett aus.
Esel: (streicht sich durch die Haare) Ja, ich sehe gut aus, ich weiß. (Schaut auf den Ochsen) Aber hier: Ein gefährlicher Ochse! Ein Stier! Gefährlich! (Zeigt auf die Hörner) Hörner! Spitz!
Maria: Und eine Kuh ist auch dabei!
Ochse: (stutzt kurz, sieht sich um) Kuh? Wo?
Esel: Das ist keine Kuh! Boah, man sind die blöd! Ochse, Stier! (Wie ein Esel:) Sti-er! Sti-er!
Josef: Und ein Esel, schau mal, wie er sich freut. Hier bleiben wir.
Sie lassen sich im Stall nieder. Josef und Maria streicheln den Ochsen (der kaut friedlich weiter und macht «Muh») und den Esel (der genießt es kurz, dann schüttelt er sich).
Esel: Glaubt nicht, dass ihr mich mit dieser Masche herumkriegt.
Maria setzt sich auf den Boden. Musik setzt ein, das Licht ändert die Farbe. Dann hört man ein Kindergeschrei (Einspielung Technik), sie legt ein Säugling in die Krippe.
Esel: Hallo! Doch nicht in die Krippe! Mein Futter! Nehmt sofort das Kind wieder weg! Da sind doch Keime dran! Das versaut mir mein Essen!
Er stößt den Ochsen an.
Esel: Und überhaupt: Erst waren es zwei, jetzt sind es schon drei. Wenn das so weiter geht, haben wir morgen ein ganzes Rudel von denen hier drin!
Zwei Schafe kommen blökend in den Stall.
Schaf 1: Ah, hier ist das Kind. Dann habe ich den Engel doch richtig verstanden!
Schaf 2: Ja, Schnucki, du hast so gute Ohren. Guck mal, das Kind lacht!
Maria: Ach, die lieben Schafe. Kommt herein!
Esel: Hey, sorry, wer hat hier eigentlich das Sagen?! Ist das etwa jetzt Euer Stall? Ihr könnt doch nicht wildfremde Schafe einladen?
Zwei Hirten kommen in den Stall.
Esel: Hilfe! Noch mehr von denen! Gibt’s hier etwas umsonst?
Hirte 1 (zu den Schafen): Ach, hier seid ihr! Was lauft ihr auch einfach weg. Das war doch nur ein Licht am Himmel.
Hirte 2 (ironisch): Ja, ein seltsames Licht, das zu uns gesprochen hat. Und das Flügel hatte und singen konnte.
Hirte 1: Ach, das hast du dir nur eingebildet.
Beide Hirten sehen das Kind und sind plötzlich sprachlos.
Schaf 1 (zu Schaf 2): Ich habe dir immer schon gesagt, unsere beiden Hirten sind etwas langsam im Kopf. Schaf 2: Aber sonst sind sie ja ganz nett.
Maria (zu den Hirten): Schaut euch das Kind ruhig näher an.
Josef: Es ist ein besonderes Kind.
Esel: Es liegt vor allem auf meinem Futter! Wo es überhaupt nicht hingehört! Ochse, sag doch auch mal was!
Ochse (kaut gemütlich weiter): Muh!
Ein König (König 1): schaut kommt auf die Bühne.
Esel: O Gott, was will der denn hier? Kommen jetzt auch noch Könige, Kaiser und Fußballstars?
Der König dreht sich wieder um und spricht zu den anderen beiden, die noch nicht sichtbar sind:
König 1: Hier sind wir richtig, kommt! Der Stern zeigt auf diesen Stall!
Esel: Was für ein Stern? Sternhagelvoll bist du! Raus aus meinen Stall!
Die anderen Könige kommen nun auch hinein und legen ihre Geschenke vor der Krippe ab. Sie öffnen jeweils ihre Truhe und sagen dabei:
König 1: Gold für den König!
König 2: Weihrauch für den Gott!
König 3: Myrrhe für den Erlöser!
Esel (trotzig): Und wo bleibt «Futter für den Esel»?!
Maria lehnt sich an Josef und sagt…:
Maria: Frohe Weihnachten, Josef!
Josef: Frohe Weihnachten, Maria!
Die Schafe und Hirten lehnen sich ebenfalls an den anderen; die König reichen sich zu Dritt die Hände. Der Ochse will auch den Esel in den Arm nehmen, aber der dreht sich weg, verschränkt die Arme und schmollt. Der Ochse wendet sich wieder dem Kind in der Krippe zu.
Allen Frohe Weihnachten!
Alle erstarren in dieser Haltung. Zwei Engel treten auf.
Engel 1: Na, das haben wir aber gut hingekriegt. Die erste Weihnacht ist doch einfach die schönste.
Engel 2: Aber schau mal da, der Esel. Der sieht nicht glücklich aus.
Engel 1: Tja, er ist halt ein Esel. Das Futter, das gemütliche Heim und seine Ruhe gehen beim ihm über alles.
Engel 2: Was für ein armer Kerl. Dabei ist doch heute der Heiland geboren!
Engel 1: Ach, Hanniel, hab einfach etwas Geduld. Esel wie er brauchen einfach ein bisschen länger. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass er es beim nächsten Mal versteht.
Engel 2: Das «nächste Mal»? Du meinst…?
Engel 1: Ja, das hast du richtig verstanden. Das feiern wir jetzt solange, bis auch der letzte Esel begriffen hat, dass ein Kind in der Krippe mehr wert ist als alles Futter dieser Welt.
Engel 2: Gute Idee!
Licht aus.