Altes mit neuen Augen sehen

Altes mit neuen Augen sehen

Hast Du das auch so gesehen?

Bildbetrachtungen

Es gibt große Kunstwerke, von denen kaum einer bislang gehört hat. Und es gibt Weltbekanntes, das wir zu kennen glauben. Aber sehen wir nicht alle etwas anderes – je nachdem, worauf wir unserer Augenmerk richten?

Ich möchte Ihnen hier Ungewohntes und Altbekanntes aus meiner Perspektive beschreiben. Vielleicht ist Ihnen meine Sichtweise fremd und es fällt Ihnen schwer, den Blickwinkel eines anderen anzunehmen. Aber es kann Neues erschließen, Eingetrocknetes aufbrechen und für frische Luft und frische Gedanken sorgen. Wie ein kleiner Kurz-Urlaub im Kopf eines anderen.

Ich freue mich auch über Ihre Sichtweisen: Schicken Sie gerne Ihre Gedanken zu einem Kunstwerk, das Sie angeregt hat. Ich freue mich! – mail@fbs-schulseelsorge.de

 

 


Die Reihe «Bildbetrachtungen» soll sich vor allem an die älteren Schüler, Eltern und Kollegen richten.
Sie wird aber erst demnächst richtig gestartet.
Das hier dient nur als erste Ankündigung.

Wir greifen die Idee aber auf jeden Fall auf!


Bildbetrachtung im März: Christo velato

Christo velato - Der verhüllte Christus

Was mir an dieser Skulptur gefällt? Leichter fällt es mir, im Gegenteil davon zu besprechen, warum es nicht zu meinen Lieblingsbildern gehört. Ich liebe das Leben und das Lebendige; Bilder von Leid und Tod irritieren mich deshalb. Auch die Bilder in unseren Kirchen und Museen, die das Leiden Jesu und seinen Leichnam darstellen.

Aber hier liegt über dem Tod ein feines Tuch. Ein hauchdünner Stoff – in Marmor gehauen. Es scheint sich beim leisesten Luftzug heben zu müssen – und ist doch Stein. Unbeweglich. Tonnenschwer.

Wie hat der Künstler es nur geschafft, aus so einem kalten und widerspenstigem Material so etwas Leichtes herauszubilden? Kann das nur ein Genie?

Kann ich das nicht auch? Natürlich nicht, wenn ich den realen Marmor meine. Ich werde wahrscinlich noch nicht einmal eine einigermaßen ansehliche Figur hinbekommen. Aber vieles in meinem Leben gebe ich die Schwere erst – weil ich es schwer nehme! Und wieviel Schweres in meinem Alltag leicht machen, indem ich es leichtnehme? Aus tonnenschwerem Marmor ein Luftgespinst machen?

Damit will ich keine Weltflucht predigen, kein simples «Positives-Denken»-Versprechen. Und so manchem, das schwer wiegt in meinem Leben, will das Gewicht gar nicht nehmen. Es soll einen Eindruck auf mich machen, einen tiefen Eindruck, der bleibt und mich prägt.

Nur die Dinge, die mir den Blick verstellen auf den Menschen in meiner Nähe und Gott in meinem Herzen, die will ich leicht machen. Durchsichtig werden lassen auf das, was ihnen zugrunde liegt. Im verstörenden Wort die Unsicherheit, gut genug zu sein. Im harschen Tonfall den Wunsch, ich möge doch nicht verletzen. Und in allem Gott.

Aber als Lebendigen. Ich mag den lebenden Jesus lieber.