Abitur-Entlassgottesdienst 2002

Baum / Wachstum

Lied: Hilf Herr meines Lebens

Eröffnung: (Pfr. van Briel)

 


Sprecher 1: Es ist schon ein seltsames Gefühl hier zu stehen. Wochen des Lernens und des Klausurstresses liegen nun hinter uns und wir sind bereit die Lorbeeren unserer Mühen entgegenzunehmen. Doch wir bleiben nicht stehen, sondern gestalten nun individuell unseren Lebensweg. So haben wir für diesen Gottesdienst das Thema Wachstum gewählt. In der Natur ist dieser Prozess des Wachstums besonders deutlich am Beispiel des Baumes zu erkennen. Seine Wurzeln, die immer tiefer in das Erdreich wachsen, geben ihm Halt und seine Zweige recken sich mit zunehmendem Alter in viele verschiedene Richtungen. Wir wollen nun kurz überlegen, was unsere Wurzeln während dieser 13jährigen Schulzeit waren und in welche Richtungen wir nun streben.

Abiturient 1: Ich möchte heute meiner Familie danken. Jahrelang haben sie mich unterstützt, mich ermuntert und auch ertragen wenn ich meinen Schulstress mit nach Hause brachte. Meine Familie ist eine meiner Wurzeln.

Abiturient 2: Danken möchten wir alle auch unseren Lehrern, die es gewiss nicht immer leicht mit uns hatten. Viele von ihnen haben uns oft in schwierigen Situationen geholfen und uns Wohlwollen entgegengebracht. Meine Lehrer bilden eine meiner Wurzeln.

Abiturient 3: Ich möchte heute meiner Jahrgangsstufe danken. Einige von ihnen kenne ich schon seit der Grundschule, mit anderen bin ich erst in der Oberstufe in Kontakt gekommen. Wir alle haben zusammen die Freistunden verbracht, gefeiert und auch schwere Zeiten durchgestanden. Meine Jahrgangsstufe ist eine meiner Wurzeln.

Abiturient 4: In den letzten Wochen haben wir uns oft gefragt: Wo geht es hin? Ich werde jetzt bald studieren und freue mich auf die neue Umgebung. Viele neue Leute werden in mein Leben treten und mein Alltag wird sich verändern. In diese Richtung werde ich wachsen.

Abiturient 5: Die Schulzeit war sicherlich für alle von uns eine sehr schöne Zeit. Natürlich plagen mich auch Zukunftsängste. Werde ich später einen guten Job bekommen? Wie wird mein Leben in 10 Jahren aussehen? Obwohl mir persönlich mein Weg noch etwas unklar ist, hoffe ich doch, dass ich die richtigen Entscheidungen treffe und meine Zweige in die für mich richtige Richtung sprießen.

Abiturient 6: So unterschiedlich unsere „Wurzeln“ und „Zweige“ auch sein mögen, wir alle hoffen stärker und standhafter zu werden um die Stürme des Lebens besser zu meistern. Wir hoffen, dass Gott uns bei alle dem begleitet und die Wurzel ist, die uns alle verbindet.

Sprecher 1: Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt, nicht auf dem Weg der Sünder geht, nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern Freude hat an der Weisung des Herrn, über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.
Er ist wie ein Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken. Alles, was er tut, wird ihm gut gelingen.
(Psalm 1, 1-3)


Kyrieruf: Pfr. Böhne und Pfr. van Briel

Vergebungsbitte: Pfr. van Briel

Lied: Ihr Mächtigen

Gebet: (Pfr. Böhne)

Lesung: Symbolgeschichten für junge Leute, Wurzeln (16)

Lied: Meine Zeit steht in Deinen Händen

Evangelium: Lk 17, 5.6.

Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Predigt: Pfr. Böhne und Pfr. van Briel

Instrumentalstück (Celli)

 


Fürbitten

Herr, nun stehen wir hier am Ende unserer Schullaufbahn mit dem Bestandenen Abitur. Zweifel, Ängste und Schwächen haben wir mit deiner Hilfe überwunden. Lass uns diese Wurzel, die du für uns bist auf unserem weiterem Lebensweg immer bewahren.

In unserem bisherigen Leben haben wir viel Unterstützung durch Freunde, Lehrer und durch unsere Familien erhalten. Wir bitten dich, dass wir diese Hilfe auch in Zukunft immer zu schätzen wissen und im Laufe der Zeit auch selber zur Stütze für andere werden.

Herr, wir beten auch für alle Verstorbenen, besonders aber heute auch für Frau Tepe. Viele von uns haben sie während unserer Schulzeit als engagierte Klassenlehrerin kennengelernt und noch heute sind unsere Gedanken oft bei ihr. Nimm sie und alle Verstorbenen in dein Reich auf.


Lied: Unfriede herrscht auf der Erde

Überleitung zum Vater unser: Pfr. Böhne

Lied zum Vater unser: Troubadour Nr. 369

 


Abschlussgebet:

Es gibt keine Ausweglosigkeit für die, die zu Christus gehören.
Was sich unserem Auge als unüberwindliches Hindernis darstellt,
kann von ihm bewegt werden.
Nach dem Abitur kann ich mich der Entscheidung, was für einen Weg ich gehen werde, nicht mehr entziehen.
Mein Leben wird in ganz tiefer Weise geprägt werden von diesem Entschluss.
Ich kann nicht sehen bleiben und doch erkenne ich den Weg, der vor mir liegt noch nicht.
Ich muss eine Richtung einschlagen, ohne zu wissen, ob sie sich zum Weg öffnen oder sich als Irrweg erweisen wird.

Mein Gott, ich bitte dich, mir ein weises Herz zu geben.
Lass mich tapfere Schritte tun.

Du weißt den Weg.
Leite mich, denn ich vertraue dir.


Lied: Irisches Segenslied

Gedanken zum Segen (Bonhoeffer): Pfr. Böhne

Segen

Lied: Oh happy day

 


Predigtentwurf – Thema: „Baum“

Beginn: Pfr. Böhne: Das Bild des Baumes in der Geschchte „Wurzeln“

1. Gute Wurzeln helfen gegen Stürme

Kein Leben bleibt sturmfrei (gerade die angeblich sturmfreie Bude sieht oft aus wie nach einem Orkan), und das ist okay. Wichtig ist nur, sich von den Stürmen nicht umpusten zu lassen. Das erfordert Wurzeln.
Da gibt es den Ansturm neuer Ansichten, oft gute und schöne, manchmal aber auch vollkommen verquere Ansichten. Wer dann keine Wurzeln hat, wird zu einem Stück Treibholz, jeder Mode ausgeliefert.
Zum Beispiel die Wurzeln in Eurer Familie: Keiner kann Euch mehr ernsthaft erzählen, ohne jede Bindung wäre das Leben leichter. Ohne Eure Eltern, die sich über Jahre an Euch gebunden haben, hättet Ihr kein Leben.
Oder zum Beispiel die Wurzeln hier in der Schule: Keiner kann Euch mehr ernsthaft erzählen, Arbeiten und lernen würde sich nicht lohnen.
Oder die Wurzeln, die in Ihr in Eurem Lieblingsstoff geschlagen habt: Ihr könnt jetzt unterscheiden. Dank Eurer Wurzeln.

Pfr. Böhne: Das gibt Euch hoffentlich „Geschmack auf mehr“

2. Die Äste eines Baumes brauchen einen Stamm

Ja, so ein Baum kann seine Äste in alle möglichen Richtung ausstrecken, er kann über Grenzen hinweg wachsen und Menschen versöhnen. Die Äste können weit ausgestreckt sein und vieles umfassen.

Aber je weiter die Äste, umso tiefer müssen die Wurzeln sein. Ein Baum kippt, sogar ganz ohne Sturm und Wind, wenn er sich in seinem Breiten-Wachstum nicht zurückhalten kann. Und vor allem, wenn er nur in eine Richtung wächst. Das kann allerhöchstens der Baum, der mehr Wurzeln als Zweige hat.

3. Nur wer ein Standbein hat, hat auch ein Spielbein

Aber es ist doch notwendig, um flexibel auf neue Ansichten und Herausforderungen reagieren zu können, einen Standpunkt zu haben. Nur, wer ein Standbein hat, kann mit dem anderen Bein Spielen. Nur wer weiß, kann spekulieren. Und nur wer vertraut, kann lieben. Ohne einen festen Punkt und einen Halt wären wir haltlos und „Haltungslos“.
Da sie gerade neben mir stehen, Frau Böhne, ein Beispiel: Ob der evangelische Glaube vielleicht viel schöner und angemessener als der katholische Glaube ist, kann ich doch erst dann entscheiden, wenn ich meinen eignen Glauben kenne. Erst wenn ich Wurzeln habe, kann ich Stellung beziehen. Alles andere wäre doch nur Willkür.

Pfr. Böhne: Kirche ist doch auch Beweglichkeit (z.B. ök. Kirchentag)

4. Die Wurzeln nehmen die Nahrung auf

Ohne Blätter und Sonnenlicht könnte der Baum nicht ein Jahr überstehen. Wir brauchen genauso wie ein Baum das Licht der himmlischen Sonne, in der wir uns ausstrecken können. Aber das Sonnenlicht kann nur das verwandeln, was wir durch unsere Wurzeln aufgenommen haben.
Gott schenkt uns viele Momente des Glücks, Erholung und Ruhe. Da kann dann das reifen, was wir in uns tragen.

5. Synthese

Gott hat sich schon Gedanken gemacht, warum wir keine Bäume sind: Er möchte, dass wir uns selbst einen Standpunkt suchen, einen Platz an der Sonne, einen Ort am Fluss oder im Wald. Dazu gehört, andere Standpunkt kennenzulernen, zuhören können und begreifen, was nicht meine Gedanken sind.
Aber er hat uns geistige Wurzeln geschenkt, damit wir nicht heimatlos sind, nicht haltlos und nicht lieblos. Vielleicht sind wir wie Bäume, die auf dem Kopf stehen: Unsere Zweige weit in diese Welt, aber unsere Wurzeln im Himmel.